Für einen Innenarchitekten ist ein komplett weißer Raum das, was eine leere Leinwand für einen Maler ist. Das Potenzial eines völlig weißen Hintergrunds fordert die Phantasie, Kreativität und Vision. Gleichzeitig kann ein inhaltsleerer Status Quo und eine gute Vorstellungskraft besonderer Antrieb für ein gelungenes Ambiente sein. Mit weißen Vintage-Möbeln vor geweißten Wänden würden wir das angehen.
Bevor Sie mit dem Einrichten beginnen, haben Sie wahrscheinlich viele Fragen: Welche Farben passen gut zu einem sehr hellen Haus? Wie kann man visuelles Interesse wecken, den Blick lenken und die eventuelle Monotonie einer White-on-White- Ästhetik aufbrechen?
Steffen und Stephanie Dettmann vom Lübecker Kristallkontor haben mit dem von Ihnen initiierten mineralistischen Stil einige interessante Aspekte zur Gestaltung eines stilvollen und dennoch ruhigen weißen Interieurs parat.
„Beige wird`s von ganz allein!“ war schon zu Zeiten unserer Großeltern ein geflügelter Spruch. Im Kern war die Aussage, mehr Mut für frische, helle Töne zu zeigen. Welche Vorteile das in der Inneneinrichtung haben kann, werden wir hier versuchen zu ergründen.
Man könnte meinen, dass es einfach oder sogar einfallslos sei, Weiß für die Inneneinrichtung zu wählen, aber – Hand aufs Herz - es ist nie einfach, den richtigen Farbton zu finden. Völlig unvoreingenommen, welche Vorlieben da sein mögen, ist Weiß nicht grundlos der Klassiker für Einrichter und Gerne-Wohner. Einige Weißtöne haben warme Untertöne, während andere ein kühles Finish haben, und dann müssen Sie die Architektur Ihres Hauses berücksichtigen, doch dazu später.
"Gelbliche Untertöne verleihen weißer Farbe ein wärmeres und cremigeres Aussehen, während bläuliche Untertöne für einen geradlinigeren Look sorgen". sagt Steffen Dettmann. „Hier fangen wir an, die Stilrichtung zu umreißen. In die helle Linie verorten wir den beliebten Landhaus-Stil, den urban-eleganten Style, den klassizistisch-gustavianischen Stil und natürlich den mineralistischen Stil.“
Zuerst gilt es, sich eine Farbpalette zu erstellen. Ja, selbst für weißes Ambiente ist dies ein wesentlicher Schritt und Ausgangspunkt für spätere Details, mit denen wir unsere Wohnumgebung strukturieren. In der Praxis gehen wir mit drei Palettenvarianten um, die diesen ersten Schritt in der Gestaltung des Wohnumfelds deutlich beeinflussen werden und für ein gelungenes Ergebnis sorgen.
Für ein harmonisches Ambiente, welches unsere Persönlichkeit widerspiegelt und in welchem wir uns selbst wohlfühlen, legen wir ein Thema fest. Schon dabei wird uns die Phantasie einen Streich spielen, denn vor einem weißen Hintergrund werden die meisten den Ansatz "alles ist möglich" wählen wollen, aber dann wird es oft wild und chaotisch. Unabhängig von der Farbgebung sollte es immer ein Thema und einen sorgfältig geplanten Ansatz für jede Einrichtung geben. Doch die gute Nachricht ist, dass es eine Vielzahl von Stilen und Themen gibt - nicht nur die oben erwähnten - mit denen man arbeiten kann.
Die sprichwörtliche Basis einer perfekten Raumgestaltung kann Auslegeware sein. “Ein großzügiger Teppich kann hilfreich sein, alle Elemente einer weißen Einrichtung zu verankern und miteinander in Beziehung zu bringen“, erklärt Stephanie Dettmann, Designerin und Inhaberin des Lübecker Kristallkontors, mit Blick auf die Fläche des zu gestaltenden Wohnraums. „Ein Teppich sollte auf jeden Fall so groß sein, dass er unter alle Hauptelemente und größeren Möbel reicht, einschließlich Sofa, Sessel oder Kaffeetisch. So erreicht man ein einen einheitlichen Look im Ambiente. Aber: er sollte immer die Farbe und Textur des Konzepts referenzieren.“
Viele werden dazu neigen, sich an die neutrale Farbpalette zu halten. Gerade bei weißen Einrichtungen erscheint dies als einfachste Lösung, doch gibt es unter Innenarchitekten eine besondere Faustformel, um eine perfekte Balance zu erreichen, die 60-30-10-Regel.
"Sechzig Prozent des Raumes bestehen aus der primären Farbpalette, also den größten Flächen wie Böden, Wänden, Decken usw.", ergänzt sie. "30 Prozent sind die sekundäre Farbpalette, also die Möbel und die sogenannten weichen Einrichtungselemente des Raums. Und 10 Prozent sind schließlich die Akzentfarbe oder der Farbtupfer.“
Weiß kann zwar die Illusion eines größeren Raums erzeugen, verdoppelt aber seine Wirkung erst effektiv, wenn es mit einem offenen Grundrisskonzept verwendet wird. In einem offenen Raum kann mehr natürliches Licht reflektiert werden und so den Anschein erwecken, dass viel mehr Platz vorhanden ist, als tatsächlich vorhanden ist. Dieser Effekt wird durch große Fenster noch verstärkt und gilt gleichermaßen für alle bisher erwähnten Stilrichtungen.
Für uns ist das große Stil-Thema Weiß-auf-Weiß eine als natürlich wahrgenommene Selbstverständlichkeit, so ist es eventuell auch für Interessierte zunächst verlockend, Weiß nur in strukturellen Bereichen zu verwenden.
Als kleiner Anfang kann die Farbe auch auf andere Weise eingesetzt werden: Weiße Möbel wie Sofas oder sogar Couchtische können einem Raum ein sauberes, frisches Ambiente verleihen.
Vor allem einzigartige Vintage-Möbel sind bei diesem Stil im Trend, weil sie immer gut zu kombinieren sind. Als weißes Sammelsurium passen beispielsweise verschiedenste Stühle um den Tisch und jede Vitrine pssat sich in den Vintage-Look. Doch auch als Einzelstück in modernem Ambiente zeugen die Möbel mit Geschichte von gutem Geschmack.
Im Lübecker Kristallkontor werden die weißen Klassiker in den mineralistischen Stil eingebunden und sind im hellen Wohlfühlambiente gleichzeitig Hintergrund für besondere Einzelstücke, dekorative Mineralien, die kunstgleich als Akzente in den White-on-White-Look bereichern.
Nicht unwesentlich ist der Einsatz von Pflanzen. Kulturell sind Pflanzen in unserer Wohnumgebung ein jahrtausende andauernder Trend. Es mag symbolischen Ursprung haben, doch wissen wir inzwischen viel über die psychologisch-positive Wirkung von Zimmerpflanzen, die auch aus ästhetischen Gründen in der Innenarchitektur ihren festen Platz finden. Als natürlicher Farbakzent lockert das dekorative Grün einen weißen Raum auf und schafft ein besonders naturverbundenes, stilvolles Ambiente. Bevorzugt werden ganzjährig grüne Pflanzen ohne Blüten, wie etwa Farne. Lediglich im Landhaus-Stil werden bunte Buketts eingesetzt.
Wir wissen, dass Kunst sehr persönlich ist, aber es gibt dennoch ein paar Überlegungen bei der Auswahl von Werken für einen weißen Raum. In einem sehr verwinkelten oder stark möblierten Raum sorgt ein künstlerisches Solitär für Balance. In geradlinigen Räumen jedoch, die entweder keine interessanten architektonischen Merkmale aufweisen oder ein besonders markantes Detail wie z.B. altes Mauerwerk, haben, kann eine Galeriewand Wunder wirken, um einen optischen Schwerpunkt zu bilden oder einen bestehenden zu abzumildern.
Neben der Wahl des richtigen Weißtons sollten Sie auch die Beleuchtung in Ihrer Wohnung berücksichtigen. Das ist wichtig, denn der Farbton, in den Sie sich im Baumarkt verliebt haben, kann in Ihrer Wohnung ganz anders aussehen. "Ein Raum mit viel natürlichem Licht wird mit weißer Möblierung sehr wahrscheinlich wärmer wirken, so dass Sie einen kühleren Weißton verwenden können, um den Raum auszugleichen. Es gibt inzwischen sogar Farben, die je nach Lichteinfall und Schattenwurf verschiedene subtile Farbwechsel zeigen und so die weiße Einrichtung harmonisch hintermalen. Im Gegensatz dazu gibt es Räume, die mit LED- oder Leuchtstofflampen künstlich beleuchtet werden und somit kühl wirken können, was mit einem entsprechend wärmeren Farbton wie beispielsweise Cremeweiß ausgeglichen werden kann.
In den meisten Wohnungen mit weißen Einrichtungen finden wir eher seidenmatte Oberflächen. Dies trifft für den mineralistischen Stil genauso wie für den Landhausstil oder den gustavianisch-klassizistischen Stil zu und verleiht dem individuellen Ambiente einen gemütlichen. Urbane und modern-weiße Inneneinrichtungen begnügen sich dagegen eher nicht damit, sondern zeigen sich hochglanzpoliert. Wir empfehlen hier, Marmor in das Design zu integrieren und Ihrem Zuhause mit solchen edlen Natur-Werkstoffen einen Hauch von Eleganz zu verleihen. Das funktioniert grundsätzlich gut in Küche oder Badezimmer, aber die Möglichkeiten sind natürlich endlos.
Einer der Schlüssel zur Wirkung von weißer Deko liegt im Experimentieren mit verschiedenen Texturen. Eine weiße Wohnumgebung lebt letztlich vom Spiel des Lichts und den damit verbundenen Schattenwürfen, die jedem Möbel Charakter verleihen und Weißtöne zwischen dunklem Grau und strahlend hellem Weiß changieren lassen. Ein interessanter Faktor kann das Zusammenbringen von matten mit glänzenden Oberflächen oder das experimentieren mit verschiedenen Oberflächenstrukturen sein. Altes, handgewebtes Leinen und glänzend weißer Marmor …
Es gibt viele Kombinationen, die Sie ausprobieren können und die es Ihnen ermöglichen, einen überwiegend weißen Raum zu gestalten, der gleichzeitig Tiefe und Komplexität aufweist.
Spiegel sind eine weitere Möglichkeit, mit Weiß den Eindruck eines größeren Raums zu erwecken, so wie wir es mit dem offenen Layout als Stilkonzept erwähnt haben. Ob Sie sich für einen bodenlangen Spiegel entscheiden oder einen großen Spiegel von einer Antik-Börse an die Wand hängen, Spiegel und Weiß sind ein Dreamteam. Sie verleihen jedem Raum eine gewisse Raffinesse, verlängern die Blickachsen und bringen durch Reflektion das nötige Licht, um Strukturen der weißen Möbel sichtbar zu machen.
Für alle, die den rustikalen Trend bevorzugen, ist Weiß die ideale Farbe um eine einladende und gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Bevorzugt werden Hölzer mit verwitterten, weiß getünchten Oberflächen im White-Vintage-Look und kombiniert mit leinenbezogenen Sofas und Sesseln, was mit der gesamtweißen Farbpalette harmoniert und das rustikale Flair unterstreicht.
Ein neutrales Farbschema und Minimalismus gehen Hand in Hand. Weiße Wände und Akzente sorgen für eine klare Linie und eine beruhigende Umgebung, die vorzüglich zu einem minimalistischen Design passt. Als Minimalist beschränken Sie sich auf das Wesentliche und halten Sie die Dinge einfach. Eine besonders ruhige Einheit wird durch Weiß-in-Weiß (auch hier wieder mit dem Leitmotiv verschiedener Reinweiß- und Off-White-Töne.
Der maritime Look ist nicht nur bei uns an der Küste beliebt, sondern überall populär – verbinden doch die meisten von uns ein Gefühl von Freiheit oder Urlaub mit diesem Stilmittel. Verwenden Sie geweißte Schiffslatten an den Wänden oder setzen Sie Akzente mit Objekten von der See. Wunschziel eines maritimen Ambiente ist es, das Gefühl einer offenen, entspannten Atmosphäre zu vermitteln und wird mit konsequentem Weiß perfektioniert.
Selbst wenn Sie mit Weiß dekorieren, sollten Sie es auch als Hintergrundfarbe verwenden - vor allem in Räumen, die viel Details in sich bergen. Unsere Meinung ist, dass Weiß zu jedem Thema passt und natürlich auch mit jedem Farbakzent harmoniert. Sie schaffen durch eine weiße Kulisse den nötigen Hintergrund, vor dem jeder Farbakzent und jedes Schmuckstück zur Geltung kommt. Grundsätzlich verschafft eine konsequent weiße Kulisse dem Gerne-Wohner, der auch hin und wieder etwas verändert, eine leichte und stilvolle Umsetzung der Ideen.
Für alle Leser, die sich nocht nicht für einen stringent weißen Wohnstil entscheiden konnten, kann es interessant sein, die Farbe aller Farben (ja, Sie haben richtig gelesen!) irgendwo akzentuieren auszuprobieren. Mittendrin ein weißer Schrank, warum auch nicht? Eine Wand in weiß? Na klar. Dank der „Vielseitigkeit“ der Farbe sind Ihnen keine wirklichen Grenzen gesetzt. Besonders schön anzusehen sind weiß getünchte Backsteinwände. Das Resultat wird ein modern-industrieller Touch sein, der alte Bausubstanz mit der Moderne stilvoll verbindet.
Leisten und Panele sind längst zum Klassiker in der Innenarchitektur geworden. Um der Tristesse einer großen Wand- oder Deckenfläche etwas entgegen zu setzen, werden Elemente aus Stuck-Gips oder leichteren Materialien aus dem Baumarkt eingesetzt. Auch so wird ein Weiß-in-Weiß-Effekt belebt und das Ambiente aufgewertet, ohne die neutrale Ruhe zu beeinträchtigen. Resultierend ist ein erhabenes Erscheinungsbild, das der Wand oder der Decke Tiefe verleiht, ohne Muster oder zusätzliche Farben hinzuzufügen. Auch andere Details wie verschnörkelte Geländer oder gewölbte Fenster können mit sorgfältig ausgewählten Applikationen dazu beitragen, dass ein Raum königlich und raffiniert aussieht.
Der Begriff "Galerie-Weiß" existiert nicht ohne Grund! Dieser besondere Farbton ist der ideale Hintergrund für die Gestaltung einer Galerie-Wand. Vor allem, wenn Ihre ausgewählten Stücke farbenfroh und üppig sind, bildet eine weiße Wand die perfekte Grundlage, um Ihre Sammlung zur Geltung zu bringen - auch ohne ausgefallene Rahmen. Diese Gestaltungselemente sind im mineralistischen Stil besonders raffiniert und setzen die dekorativen Mineralien gekonnt in Szene. Wenn Sie ein besonderes Solitär-Objekt haben, welches Sie zur Geltung bringen wollen, ist es sogar andenkenswert, ob Sie Weiß nicht auch in der Umgebung des Stücks einsetzen wollen. Ganz gleich, ob Sie das Stück vor einer weißen Wand platzieren oder es mit weißen Möbeln umgeben.
Eine der einfachsten Möglichkeiten, einen Raum in einen modernen oder glamourösen Stil zu verwandeln, ist die Kombination von Weiß und Gold. Weiß und Gold können einen warmen, dekadenten Glanz erzeugen, während Weiß und Silber eine eher industrielle Atmosphäre schaffen können.
Es sind oft wenige Details in der Inneneinrichtung, die das Gesamtbild positiv
Vielleicht gefällt Ihnen die Idee, mit einem überwiegend weißen Farbschema zu dekorieren, aber Sie sind nicht ganz davon überzeugt, dass es die einzige Farbe im Raum sein soll.
Pastellfarben sind ein perfekter Kompromiss, der dem Raum ein wenig Farbe verleiht, ohne die ruhige und gelassene Atmosphäre zu stören, die von einer neutralen Farbpalette ausgeht.
Altrosa oder edle Hellblautöne können die friedliche Harmonie des Weiß wunderbar ergänzen, ohne dass sie sich aufdrängen. Dieser Aspekt ist vor Allem für den mineralistischen Stil interessant, da viele Kristalle in ihrer vornehm-zurückhaltenden Farbe im weißen Ambiente besonders gut zur Geltung kommen.
Bildnachweise: Fotos 1 von Pond5 License 127852437, Foto Nr. 3 von K.Chernaya/Lizenz Pexels, Foto 2,4,5,6.7 und 8 von Steffen Dettmann
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